- Berufsbild Rettungsassistent -
Welcher Kollege kennt die Situation nicht, man ist womöglich mit Blaulicht und Martinshorn zum Einsatzort gebraust,
und begibt sich nun bepackt mit Notfallkoffer, EKG-Gerät (Defibrillator) und Sauerstoffgerät in das Haus, wo Frau
Mustermann im Anfangsstadium eines Asthmaanfalls nach Luft japsend auf dem Stuhl sitzt. Der Ehemann, der uns
erleichtert die Tür geöffnet hat, informiert nun seine Frau mit folgenden Worten über unser Eintreffen: "Du Helga,
die Krankenwagenfahrer sind da!"
Ganz weit hinten im Hinterkopf schreit jetzt wieder diese kleine Stimme auf: "WAAASS!? Krankenwagenfahrer!? Dann
können wir all den Krempel, den wir die drei Stockwerke hoch geschleppt haben, ja wieder im Wagen verstauen, Frau
Mustermann in den selbigen verfrachten und mit Alarm in die Klinik brausen, wo sich die Ärzte um sie kümmern
können...!"
Aber wir sind ja Profis, auch diesmal überhören wir die kleine Stimme geflissentlich, versuchen erst gar keine
Diskussion über die Bezeichnung unseres Berufsstandes, denn die Notfallsituation steht vor persönlichem Stolz.
Wir machen uns also an die Arbeit, Frau Mustermann wird von uns beruhigt und zum "richtigen" Atmen angeleitet,
mein Kollege, der "Krankenwagenbeifahrer" misst den Blutdruck, schließt das EKG-Gerät an und gibt Frau Mustermann
auch noch ein wenig Sauerstoff. Da der Notarzt momentan bei einem anderen Notfall gebunden ist, legen wir einen
venösen Zugang und geben Frau Mustermann ein Spray, das ihre Beschwerden lindern soll. Bereits nach kurzer Zeit
hat sich ihr Zustand soweit gebessert, so dass wir sie in aller Ruhe in den Rettungswagen bringen und unspektakulär
zur nächsten Klinik fahren können.
Dort angekommen betreten wir zusammen mit Frau Mustermann auf der fahrbaren Trage die Notfallaufnahme, wo wir der
zuständigen Aufnahmeschwester unsere Patientin übergeben, ihr die Notfallsituation schildern, die von uns
getroffenen Maßnahmen begründen und den weiteren Verlauf bis zur Besserung der Symptomatik erläutern. Die nun
fast völlig beschwerdefrei Frau Mustermann bedankt sich herzlich bei uns, wir packen unsere Ausrüstung zusammen
und sind gerade auf dem Weg zurück zum Rettungswagen, als wir die Aufnahmeschwester noch zum diensthabenden
Internisten sagen hören: "Die Krankenwagenfahrer haben gerade was für dich gebracht…!"
Diese Geschichte spielt sich leider fast täglich ab, denn der Kenntnisstand um das Berufsbild "Rettungsassistent"
ist nicht eben hoch. Das hat verschiedene Gründe, wovon der wichtigste vielleicht ist, dass es ein relativ junger
Beruf ist. Der aufmerksame Leser hat sicher bemerkt, dass wir als Rettungsdienst eine Menge Dinge mehr machen,
als nur den "Krankenwagen" zu fahren. Und zunächst einmal fahren wir ja auch keinen Krankenwagen, der nur für
den Transport von kranken Menschen zuständig ist, die nicht mehr selber oder mit dem Taxi ins Krankenhaus fahren
können, sondern einen Rettungswagen, der jede Menge medizintechnische Gerätschaften, Verbandsstoffe, Medikamente
und weitere nützliche Produkte an Bord hat, um möglichst jeder lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung
eines Menschen begegnen zu können, sei es nach einem Verkehrsunfall oder bei einem Herzinfarkt.
Doch was macht denn der Rettungsassistent, wenn er nicht nur "Krankewoochefohrer", aber auch nicht Arzt ist?
Zitat aus dem Rettungsassistentengesetz (RettAssG):
Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs als Helfer des Arztes insbesondere dazu
befähigen, am Notfallort bis zur Übernahme der Behandlung durch den Arzt lebensrettende Maßnahmen bei
Notfallpatienten durchzuführen, die Transportfähigkeit solcher Patienten herzustellen, die lebenswichtigen
Körperfunktionen während des Transports zum Krankenhaus zu beobachten und aufrechtzuerhalten sowie kranke,
verletzte und sonstige hilfsbedürftige Personen, auch soweit sie nicht Notfallpatienten sind, unter
sachlicher Betreuung zu befördern (Ausbildungsziel).
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Entwicklung:
Wie in vielen anderen Berufen auch gab es in der Qualifikation des Rettungsdienstpersonals seit den 50er Jahren
eine stetige Entwicklung und Verbesserung. Angefangen vom "Krankentaxifahrer" bis weit in die 60er Jahre hinein
entwickelte sich der Beruf über den nach einem 520-Stunden-Programm ausgebildeten Rettungssanitäter in den 70er
und 80er Jahren bis zum heutigen Berufsbild des Rettungsassistenten.
Die Ausbildung ist gesetzlich geschützt und wird durch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sowie die
Rettungsassistentengesetze der einzelnen Bundesländer geregelt. Und damit ist die Entwicklung noch lange nicht
am Ende, gerade im Hinblick auf die stetig wachsenden Kosten im Gesundheitssystem wird momentan über eine
Kompetenz- und damit auch einer Ausbildungserweiterung für das Berufsbild des Rettungsassistenten nachgedacht.
Viele Stimmen befürworten eine Anlehnung an das amerikanische Modell, wo die so genannten "Paramedics"
eigenständig und ohne Notarzt den größten Teil der Notfälle alleine abarbeiten.
Momentan ist für die Rettungsassistenten z. B. die Möglichkeit der Medikamentengabe sehr restriktiv gehandhabt,
nur sehr wenige ausgewählte Medikamente dürfen in klar definierten Situationen eingesetzt werden, da die
"Heilkunde" den Ärzten vorbehalten ist und im Heilpraktikergesetz geregelt ist. Entsprechend heißt das ganze
dann auch "Notkompetenz", was ja eigentlich Unsinn ist, denn wer sonst nicht kompetent ist, ist es in der Not
auch nicht.
Die Entwicklung geht momentan klar in die Richtung, den Rettungsassistenten mit einer "Regelkompetenz"
auszustatten, was das Notarztsystem in Deutschland keineswegs überflüssig machen, sondern es sinnvoll ergänzen
und entlasten würde.
Ein weiterer Vorteil wäre dann eine Rechtssicherheit, die momentan leider nicht so klar wie erforderlich
vorhanden ist. Vom Rettungsassistenten wird erwartet, dass er bestimme Maßnahmen nur in Ausnahmesituationen
anwendet, sie dann aber sicher beherrscht. Eine sichere Anwendung ist aber nur durch eine gewisse Einsatzroutine
gewährleistet.
Was die Berufsbezeichnung angeht, ist vielen Leuten die Bezeichnung Rettungssanitäter eher bekannt als der
Rettungsassistent, was aber auch daran liegt, dass es sich um ein relativ junges Berufsbild handelt (1989).
Der Name orientiert sich an anderen medizinischen Assistenzberufen (medizinisch-technische Assistenten,
Diätassistenten etc.), der Rettungsassistent also als "Helfer/Assistent des Arztes" fungiert.
(EDIT 2014)
Der Beruf des Notfallsanitäters (NotSan) hat durch das Inkrafttreten des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) und
die aufgrund dieses Gesetzes erlassene Ausbildungs- und Prüfungsverordnung am 1. Januar 2014 den bisherigen
Rettungsassistenten als höchste berufliche, nicht ärztliche Qualifikation im Rettungsdienst abgelöst und gehört
zu den Gesundheitsfachberufen. Erstmals gibt es dadurch im Rettungsdienst eine vollwertige und vergleichbare
dreijährige Ausbildung, die jetzt auch bezahlt und vergütet wird.
Inhalt und Ziel der Ausbildung soll gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 NotSanG folgendes sein:
„Die Ausbildung zur Notfallsanitäterin oder zum Notfallsanitäter soll entsprechend dem allgemein anerkannten Stand
rettungsdienstlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse fachliche, personale, soziale
und methodische Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Durchführung und teamorientierten Mitwirkung insbesondere bei
der notfallmedizinischen Versorgung und dem Transport von Patientinnen und Patienten vermitteln.“
Insbesondere darf er die folgenden Aufgaben im Rahmen der Mitwirkung ausführen:
a) Assistieren bei der ärztlichen Notfall- und Akutversorgung von Patienten im Notfalleinsatz,
b) eigenständiges Durchführen ärztlich veranlasster Maßnahmen bei Patienten im Notfalleinsatz und
c) eigenständiges Durchführen von heilkundlichen Maßnahmen, die vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst oder entsprechend
verantwortlichen Ärzten bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und -situationen standardmäßig vorgegeben,
überprüft und verantwortet werden;
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Dadurch wurde dem Notfallsanitäter eine verbesserte rechtliche Grundlage für sein Handeln gegeben, die jetzt nicht mehr auf
dem rechtfertigenden Notstand (§34 StGB) basiert. Weiterhin wurden den ärztlichen Leiter eines Rettungsdienstbereiches die
Möglichkeit gegeben, dem Notfallsanitäter heilkundliche Maßnahmen zu übertragen, auch wenn keine Situation vorliegt, in
der schwere Gesundheitsgefahr oder Lebensgefahr für den Patienten vorliegt. Der gestiegenen Verantwortung wurde mit einer
höheren Eingruppierung in die entsprechenden Entgelt-/Besoldungsordnungen Rechnung getragen.
Ausbildung:
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Notfallsanitäter/-in (NotSan) |
Rettungsassistent/-in (RA) |
Rettungssanitäter/-in (RS) |
Theoretischer Unterricht |
1920 |
780 Stunden |
160 Stunden |
Klinikpraktikum |
720 |
420 Stunden, danach Prüfung
(schriftlich, mündlich, praktisch) |
160 Stunden |
Wachenpraktikum |
1960 |
1600 Stunden ("Anerkennungsjahr") |
160 Stunden, danach
Prüfungswoche (40 Stunden) |
Dauer der Ausbildung |
3 Jahre/4600 Stunden |
2 Jahre/2800 Stunden |
3,5 Monate/520 Stunden |
Teilweise wurde die Ausbildung zum Rettungsassistenten auch in drei Jahren durchgeführt, dann kamen noch ein paar
weitere Ausbildungsinhalte wie Führerschein Klasse C, Desinfektor-Lehrgang, Sprachunterricht (Englisch) u.a. hinzu.
Der schulische Teil musste oft weitgehend selber finanziert werden, als Praktikant im Anerkennungsjahr bekam man
in der Regel ein Gehalt.
Downloadbereich:
Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen
Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters
Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistenten und Rettungsassistentinnen
Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten
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